Referat zur Tagung des vfdb am 27.04.2012 in Saarlouis

Von Wolfgang Herrmann

Ich möchte Sie zunächst herzlich bei uns, der Freiwilligen Feuerwehr Saarlouis, begrüßen und mich kurz vorstellen: Ich heiße Wolfgang Herrmann und bin jetzt Ehrenwehrführer dieser Feuerwehr, nach dem ich seit 1958 freiwilliger Feuerwehrmann bin und in dieser Zeit über mehrere Jahrzehnte in leitenden Funktionen tätig und damit auch verantwortlich für den Brandschutz in unserer Stadt war. Nach Beendigung meiner aktiven Dienstzeit habe ich mich verstärkt mit der Geschichte unserer Feuerwehr befasst und einige Jahre vor unserem 200jährigen Jubiläum, das im vergangenen Jahr gefeiert wurde, haben wir, Bertram Weiter und ich, uns zusammen durch viele Archive vom Saarlouiser Stadtarchiv bis zum Geheimen Preußischen Staatsarchiv in Berlin gearbeitet. So konnten wir dann rechtzeitig zum Jubiläumsjahr die Ergebnisse unserer Forschungsarbeit in einem Buch, das ja einigen unter Ihnen inzwischen bekannt ist, der Öffentlichkeit vorstellen.

„Pompiers – Feuerlöscher – Feuerwehr - 200 Jahre Freiwillige Feuerwehr Saarlouis“, so der Titel unseres Buches, denn der belegten Geburtstag unserer Feuerwehr war der 16. September 1811. An diesem Tage, so berichtete in einem Schreiben vom 06.11.1818, der letzte französische Maire und erste preußische Oberbürgermeister, Michel Reneauld, dem Landrat Schmeltzer: „Nach dem Brand im Dorfe Fraulautern [im] Jahre 1811 ist von Seiten des Magistrats der Stadt die vormals bestandene Feuerlöscher Compagnie von neuem gebildet worden. …“ Die Reorganisation erfolgte jedoch nicht unter Maire Michel Reneauld, sondern noch unter seinem Amtsvorgänger Francois Souty.

Demnach bestand also in Saarlouis bereits eine Feuerlöscher-Companie. Warum dann also diese Reorganisation? Welche Gründe dafür gab es, vor allem aber, worin bestand der grundlegende Unterschied zur „bestandenen Compagnie“, welche entscheidenden Merkmale der reorganisierten Compagnie rechtfertigen es, diesen Magistratsbeschluss als Geburtsstunde unserer Freiwilligen Feuerwehr Saarlouis zu definieren?

Ein kurzer Streifzug durch die Entwicklung der noch jungen Stadt, (Saarlouis war ja zu diesem Zeitpunkt erst 130 Jahre alt) mag uns etwas Klarheit zu dieser Frage verschaffen.

Saarlouis war als Festungsstadt eingezwängt in Mauern, jeder Quadratmeter Fläche musste baulich genutzt werden. Ein Feuer in diesem baulich stark verdichtete Bereich und auch bei den Lebensgewohnheiten der Bewohner (so wurden z.B. die Speicher der Häuser als Lager für Vorräte und sogar für die Lagerung von Heu genutzt,) war der Ausbruch eines Feuers eine Katastrophe, die zur Zerstörung ganzer Stadtviertel, sogar der ganzen Stadt hätte führen können. Brandschutz war also reiner Selbsterhaltungstrieb der Menschen in dieser Stadt.

Bis zum Bau der neuen Festungsstadt Saarlouis spielte Vaudrevange = Wallerfangen mit seinen knapp 1000 Einwohnern, seinen Handwerkern und Kleinhändlern die Rolle eines Versorgungszentrums für die Umgebung. Das neue Sarre-Louis war indes bestrebt, diese Rolle Wallerfangens zu übernehmen.

Mit der Entstehung der neuen Stadt musste natürlich auch ihr Brandschutz organisiert werden. Man ging keine neuen Wege, sondern übernahm auch hier das bereits in Wallerfangen Vorhandene und Bewährte. So wurde die Ehren-Kompanie der Bruderschaft der Ritter des heiligen Sebastianus, die im 17. Jahrhundert zur Pestzeit in Wallerfangen gegründet worden war, 1682 per Verordnung nach Saarlouis verlegt und bildete dort die erste Löschkompanie. Denn nach ihren Statuten mussten ihre Mitglieder den Gottesdienst verherrlichen helfen, insbesondere aber war es ihre Pflicht, bei der Brandbekämpfung zu helfen

Bei weltlichen und kirchlichen Feiertagen trugen sie eine rote Uniform und am Knopfloch ein Kreuz, worauf einerseits das Bild des Heiligen Sebastian, andererseits der Name des Trägers stand, damit er sich bei Feuersbrünsten ausweisen konnte.

Am 13.06.1685 wurde dann verordnet, dass die Wallerfanger Zünfte ihren Sitz nach Saarlouis zu verlegen hatten. So auch u.a. die Zünfte Sankt Eligius, in der die Schmiede, Schlosser, Graveure, Zinngießer, Zimmerleute, Schreiner, Maurer und die Schiffer vereinigt waren und Sankt Katharina der lederverarbeitenden Handwerker. Diese beiden Zünfte waren nach Anton Delges, dem Verfasser der recht ausführlichen und gut recherchierten Chronik von 1961, bereits vorher schon in Wallerfangen als Pflicht-Löschkompanie tätig, was sie nun auch in Saarlouis weiter taten.

Delges führte weiter aus, dass beide Zünfte, die als „les corps aux incendies“ ihre Tätigkeit bis zur Französischen Revolution ausübten, auch später noch den Grundstock zur Aufstellung von Löschkompanien bildeten. Denn am Schluss der Zunftsatzung der Eligiuszunft befand sich das erste bekannte Feuerreglement ("règlement pour les incendies") der Stadt. Hier heißt es:

„An den Tagen des hl. Eligius, im Sommer und Winter, versammeln sich die Handwerker, welche für die Hilfe der Brandgebäude bestimmt sind, um die Feuerpumpen zu bedienen. Sobald die Sturmglocke ertönen wird, eilen die folgenden Handwerker zur Brandstelle, nämlich die Schmiede, Schlosser, Maurer, Zimmerleute, Tischler und Dachdecker, wo sie nur allein die Befehle des Generalleutnants der Polizei empfangen und anderer dazu berechtigter Personen.

Derselbe Dienst für die Pumpen:

Die Waffenschmiede, Schwertfeger, Messerschmiede, Nagelschmiede, Eisengießer, Zinngießer, Weißblechmacher, Glaser, Uhrmacher, Dreher, Wagenmacher, Schiffer, Pflasterer, Töpfer, Goldschmiede und die Kupferschmiede.

Sobald auch sie die Sturmglocke hören, begeben sie sich sofort zum Rathaus der Stadt, wo ihnen die Pumpen ausgeliefert werden, die sie zur Brandstelle bringen, wo sie dieselben anwenden, wie es ihnen von den Chefs der Polizei vorgeschrieben wird.“

Wie wir sehen, hatte man im Vorhinein bestimmten Handwerkergruppen bestimmte Aufgaben zugewiesen, die sie im Brandfalle auszuführen hatten. Hierzu meldete man sich also nicht freiwillig, sondern war als Mitglied einer Handwerkszunft dazu verpflichtet. Die im Reglement genannten Handwerker waren wahrscheinlich alle Mitglieder der Eligiuszunft. Zu dieser Zunft gehörten die eisenverarbeitenden Handwerker, aber auch Handwerker, die nicht primär eisenverarbeitend waren, wie die Zimmerleute, Schreiner, Maurer und die Schiffer.

Ein Teil der Handwerker, in erster Linie die Bauhandwerker, sollte sich direkt zum Brandobjekt begeben, wo sie die vom Feuer bedrohten Mitbürger und deren Habe vor den Flammen retten und ggf. Bauten oder Teile davon einreißen oder abtragen sollten, bevor sich das Feuer über diese weiter in die Stadt fraß. Eigens zu diesem Zweck besaß die Stadt auch Einreißhaken. Der andere Teil der genannten Handwerker musste sich zum Rathaus begeben, um dort die Pumpen abzuholen. Im Jahr 1773 verfügte Saarlouis beispielsweise über sechs Handpumpen und mehrere Spritzen. Auf jeden Fall oblagen den Mitgliedern der Eligiuszunft vor allem mit der Bedienung der Pumpen die qualifizierteren Aufgaben bei der Brandbekämpfung.

Als Teil Frankreichs wirkten sich in Saarelouis die Folgen der Französischen Revolution natürlich unmittelbar aus, was auch nicht ohne Folgen auf die Organisation des Feuerlöschwesens blieb.

Nachdem am 05.08.1789 durch die Nationalversammlung sämtliche Handwerks-Zünfte aufgehoben worden waren, wurde der Brandschutz durch ein Feuerreglement der Polizeiverwaltung der Stadt organisiert, in dem die Bürger, insbesondere die Handwerker der früheren Zünfte, zu bestimmten Hilfeleistungen verpflichtet wurden.

Dieses Polizei-Reglement liegt zwar leider nicht mehr vor, jedoch gibt eine von Maire Francois Souty als Vorgesetzter der Polizeiverwaltung am 11.01.1808 anlässlich eines Kaminbrandes gegebene strenge Anordnung Einblick in den wesentlichen Inhalt dieses Reglements. Die Anordnung behandelte das Nichtbefolgen der Vorschriften bei dem Brand durch die Bevölkerung und drohte den Zuwiderhandelnden schwere Strafen an.

In der Verordnung hieß es:

„Der Maire der Stadt bedauert die Unordnung, die heute beim Kaminbrande geherrscht hat und erinnert die Bewohner nochmals an ihre Pflichten.

Alle Einwohner in der Nähe der Brandstelle sind laut Polizeireglement verpflichtet, beim ersten Schlag der Sturmglocke eine Bütte oder einen Kübel, mit Wasser gefüllt, vor die Haustür zu stellen, um dem Feuer Einhalt zu gebieten. Nicht eine einzige Person hat dieser Anordnung Folge geleistet.

Andererseits gehen viele Personen nur aus Neugierde hin, ohne sich nützlich zu machen.

Dann soll man sich erinnern an die Artikel 9 und 12, die die Fassmacher verpflichten, mit den Büttenmachern an die Brandstelle zu eilen; die Maurer mit ihren Kopfhämmern, die Zimmerleute und Tischler mit ihren Äxten, die Dachdecker mit den kleinen Leitern und ihrem Handwerkszeug und die Schornsteinfeger mit ihren Leitern.

Die Schlosser, Schmiede, Waffenschmiede, Messerschmiede, Eisengießer, Weißblechmacher, Dreher, Wagenbauer, Schiffer, Pflasterer, Goldschmiede, Uhrmacher und Lichtzieher müssen sich in das Rathaus begeben um die Feuerpumpen an die Brandstelle zu bringen, ebenso die Schuster und Gerber zum Empfang der Feuereimer.

Der Maire hat nur bemerkt, dass die Bäcker und Metzger pünktlich ihre Pflicht erfüllt haben.

Er hofft, dass, wenn nochmals eine Feuersbrunst entstehe, jeder, der seine Pflichten kennt, sie auch erfüllen wird, und wird mit dem einen und den anderen zufrieden sein, aber im Falle der Zuwiderhandlung wird er gegen den Sünder den Prozess anstrengen.“

Diese Anordnung zeigt, dass obwohl die alten Zünfte 1789 aufgelöst worden waren, u. a. die Handwerker der ehemaligen Zünfte St. Eligius und St. Katharina auch weiterhin, wie bisher, ihre einst festgelegten Pflichten zu erfüllen hatten.

Sie zeigt aber auch, dass das bisherige System eines verpflichtenden Brandschutzes nicht ausreichend und verantwortbar funktionierte.

In den Jahren kurz vor 1811 gab es in Saarlouis offenbar bereits eine Pompierskompanie. Dies geht aus einem zwar undatierten und nicht unterschriebenen Dokument im Stadtarchiv Saarlouis hervor, das aber in die Zeit zwischen 1808 und 1811 einzuordnen ist. Die Kompanie stand unter der Leitung eines Commandant-Major Brugnot, Kaufmann und Händler in Saarlouis. Sie bestand aus insgesamt 76 Mann. Die Führungskräfte waren angesehene Bürger der Stadt, die Mannschaften wurden aus den Zimmerleuten, Maurern, Eisengießern, Schornsteinfegern und Arbeitern gebildet. Sie war in 4 Abteilungen gegliedert. Denn der zivile Teil der Stadt Saarlouis war zu dieser Zeit in 4 Sectionen A bis D unterteilt und für jede Section war eine Abteilung der Löschkompanie zuständig. Wie lange diese bestand und ob sie überhaupt einmal erfolgreich eingesetzt wurde, ist nicht überliefert.

Bei dieser Kompanie handelte es sich offenbar um den Versuch, den abwehrenden Brandschutz allgemein auf eine neue Grundlage zu stellen. Sie war vermutlich der direkte Vorläufer der von Oberbürgermeister Reneauld erwähnten „vormals bestandenen Feuerlöscher-Compangnie“, die 1811 „von neuem gebildet“ werden sollte.

Es bedurfte dann nur noch eines Auslösers, den Magistrat der Stadt Saarlouis zu veranlassen, den Brandschutz völlig neu zu organisieren. Und dieser Auslöser war dann offenbar der Große Brand von Fraulautern im Jahre 1811, wie es Michel Reneauld in seinem eingangs zitierten Schreiben an Landrat Schmeltzer vom 6.11.1818 beschrieben hat.

Unter dem Eindruck dieses Ereignisses beschloss also offenbar der Saarlouiser Magistrat, den Brandschutz auf völlig neue Beine zu stellen.

Nun muss diese Art der Gründung einer Feuerwehr durch einen hoheitlichen Verwaltungsakt und auch die Form der konkreten Umsetzung dieses Beschlusses im direkten Zusammenhang mit den Ereignissen des Jahres 1810 in Paris gesehen werden.

Am 1. Juli 1810 wurde ein großes Fest in der österreichischen Botschaft in Paris gefeiert. Das Ereignis endete mit einer Katastrophe, als der Ballsaal Feuer fing, der russische Botschafter verletzt wurde, und die Frau des österreichischen Botschafters, die Fürstin Schwarzenberg, in den Flammen umkam.

Napoleon leitete persönlich die Löscharbeiten bis drei Uhr früh und kam zu der Überzeugung, dass die Brandschutzmaßnahmen in den kaiserlichen Palästen völlig unzureichend wären.

Er schrieb: "Noch vor dem 1. Januar 1811 muss eine Kompanie "Sapeurs-Pompiers" der Kaisergarde unter dem Kommandeur der Pioniere aufgestellt werden. Aufgabe dieser Kompanie wird sein, die Pumpen in den kaiserlichen Palästen [...] zu bedienen."

Als Konsequenz wurde die Einheit der „Sapeurs du Génie“ der Kaisergarde am 16. Juli 1810 aufgestellt.

Das tragische Brandereignis in der österreichischen Botschaft hatte aber nicht nur Auswirkungen auf die Kaisergarde, sondern Napoleon erließ auch ein Decret für die Pompiers der Stadt Paris. Carl Weiser berichtet in seinem Buch „Die deutsche Feuerwehr – Handbuch für das gesamte Feuerlöschwesen“ dazu u.A.:

„Die schauderhafte Katastrophe im Hotel des österreichischen Gesandten, Fürsten von Schwarzenberg, der 1810 [ 01.07.1810 ] zur Feier der Vermählung Napoleons mit Maria Louise von Österreich ein durch höchsten Glanz und Geschmack ausgezeichnetes Fest gab, und dessen tragisches Ende dem Umstande zugeschrieben werden musste, dass man den Pompiers den Eintritt in das Hotel versagt hatte, wurde die Ursache, dass Napoleon das Pompier-Korps auf einen völlig militärischen Fuß setzte und bei allen festlichen Gelegenheiten Wachen dieses Korps mit vollkommen amtlicher Autorität zugezogen wurden. Auch bestimmte ein kaiserliches Dekret von 1811, dass die Pompiers, welche meistens Handwerker und verheiratet waren und bis dahin ihre Privatwohnungen gehabt, mit Gewehren bewaffnet, einer strengen Disziplin und den militärischen Gesetzen unterworfen und in Kasernen gelegt werden sollten.“ Und weiter: „Dieses Bataillon, in welches die vorhandenen Bestandteile des früheren Pompier-Korps, die sich nur schwer an das Kasernenleben gewöhnten, aufgenommen wurden, hatte außer seinen Funktionen im Löschwesen auch die Verpflichtung, im Dienste der Polizei und der öffentlichen Sicherheit innerhalb der Stadt Paris mitzuwirken. ….“

Das oben erwähnte kaiserliche Dekret, das zur Neuorganisation der Pariser Feuerwehr führte, war jenes über die "Organisation militaire du corps des sapeurs-pompiers de Paris" vom 18.09.1811, das u.a. die Freiwilligkeit der Rekrutierung der Mannschaft, eine militärisch straffe Organisation und Ausbildung und eine Bewaffnung der Mannschaften vorsieht.

Napoleon hatte damit eine Entwicklung von bisher einmaliger historischer Bedeutung eingeleitet: Er machte den gesamten Brandschutz (den abwehrend und sogar schon den vorbeugenden Brandschutz - Sicherheitswachen) und die Einrichtung von Feuerwehren zur staatlichen Aufgabe. Denn das ursprünglich für Paris erlassene Dekret wurde auf ganz Frankreich ausgedehnt und verfügte die gesamten Pompierskompanien auf militärische Grundlage zu stellen und den obligatorischen Brandschutz auf freiwilliger Basis einzuführen.

In der Folge erlassen auch die Präfekturen in Frankreich für ihre Verantwortungsbereiche vergleichbare Dekrete (z.B. der Präfekt Vaublanc für die Stadt Metz 1812) und es entstanden in den Städten Frankreichs wie auch auf dem flachen Lande Pompierskompanien nach dem Vorbild von Paris. Stärke und Ausrüstung mit Löschgeräten richtete sich dabei nach der Größe der Bevölkerung. Die Rekrutierung der Mannschaften war stets freiwillig, Organisation und Ausbildung streng militärisch, jedoch waren diese Sapeur-Pompiers nicht in Kasernen zusammengelegt. Die Unterhaltung kasernierter Feuerwachen blieb großen, finanzkräftigen Städten vorbehalten, die die Pompiers dann auch für ihren Dienst honorierten. Die ehrenamtlichen, nicht kasernierten Pompiers wurden vom Dienst in der Nationalgarde und von Einquartierungen befreit.

Um einer landauf, landab sich unterschiedlich entwickelnde Qualität der Arbeit der Pompierskompanien vorzubeugen, beschrieb De Montesquiou, Minister und Staatssekretär des Inneren von König Ludwig dem XVIII in einem Rundschreiben an die Präfekten der Departements dezidiert die staatlichen Vorgaben für die Arbeit der Pompierskompanien und deren Einbindung in den Rahmen der staatlichen Autorität.

Er schrieb, dass die Gründungsstatuten der Pompiers-Kompanien durch die Bürgermeister verfasst werden sollten. Sie sollten den Gegenstand des Dienstes, die Stärke der Korps, ihre Organisation unter dem Kommando eines oder mehrerer Chefs, ihre Beziehungen zur öffentlichen Autorität, die Aufnahmebedingungen, die Art und Weise der Bestimmung der Pompiers und die Ernennung der Chefs, die Uniformierung, die Disziplin und die Ausgaben bestimmen.

Die Kompanien befänden sich im Wirkungskreis der gemeindlichen Autorität und unter deren direkten Anweisungen.

Die Bestimmung der Pompiers sei den Bürgermeistern vorbehalten, die Unteroffiziere würden endgültig durch den Präfekten auf Vorschlag des Bürgermeisters und des Unter-Präfekten ernannt. Die Ernennung der Offiziere habe gleichfalls durch den Präfekten zu erfolgen, sei jedoch nicht endgültig, so lange sie nicht mit seiner Billigung (de Montesquious, des Innenministers) versehen wäre.

Die Aufnahmebedingungen, so Montesquiou weiter, resultierten aus der Natur des Dienstes selbst, der Rechtschaffenheit erfordere, Kraft, Kenntnisse im Bauwesen oder die Ausübung eines Handwerks, das sich mit Leder, Holz oder Metallen befasse...

Die Kosten bezüglich des Kaufs und der Unterhaltung der Pumpen, Eimer, Haken, Leitern und anderen Utensilien seien vom Jahreshaushalt zu tragen. - So kann man dieses Rundschreiben, um im heutigen Sprachgebrauch zu bleiben, als die Verwaltungsvorschriften zum Napoleonischen Dekret bezeichnen.

Dieses staatliche System des obligatorischen Brandschutzes mit der Gründung von Pompierskompanien, Feuerwehren, auf freiwilliger Basis stellte sich als sehr erfolgreich heraus und wurde auch von Fachkreisen in Deutschland mit Interesse beobachtet, so dass Carl Weiser noch 1855 über das deutsche Feuerwehrwesen u.a. schreibt: “Der Zeitpunkt muss jedoch nach alledem nahe sein, wo die Regierungen allen Ernstes die Sache selbst in die Hand nehmen und eine alle Theile ihrer Gebiete umfassende Reorganisation des Feuerlöschwesens in’s Leben rufen.“ Und weiter schreibt er: dass „… dieses System das für unsere Zeit einzig passende ist und da, wo es zur Anwendung gekommen, in Frankreich nämlich, die Calamität großer Brände aus den Annalen dieses Landes verbannte.“

In genau diesem Zusammenhang ist auch der Beschluss des Magistrats der französischen Stadt Saarlouis zu sehen, eine Compagnie Sapeurs Pompiers zu gründen, nach den staatlichen Vorgaben aus Paris und der entsprechenden Genehmigung des zuständigen Präfekten Vaublanc in Metz. Sie war streng militärisch organisiert mit einer hierarchischen Gliederung vom Capitaine bis zu den Pompiers. Über die Zusammensetzung schreibt später Oberbürgermeister Reneauld: „„Sie besteht aus 60 Mann, welche aus den Bürgern jeder Profession, die guten Willens, starken Körperbaus, und lobenswerther Aufführung sind, gewählt worden sind.“. Auch waren die Saarlouiser Pompiers nun erstmals uniformiert und bewaffnet, gemäß den staatlichen Vorgaben mit Musketen und Seitengewehren (Säbeln) und waren damit zu einem integrierten Bestandteil des öffentlich Sicherheitssystems dieser französischen Festungsstadt Saarlouis geworden.

Als ein Ergebnis des 2. Pariser Friedens vom 20. November 1815 wurde diese französische Festungsstadt Saarlouis mit Wirkung vom 1. Dezember 1815 an Preußen abgetreten und mit der Stadt auch eine funktionierende französische Feuerwehr. Nun wusste man aber in Preußen zu dieser Zeit mit derartigem Gedankengut nichts anzufangen. Dem preußischen Staat, der nur dem Militär, der Polizei und der Beamtenschaft das Monopol des Uniform- und Waffentragens zugestand, musste die Uniformierung und Bewaffnung der Pompiers ein Dorn im Auge sein. Bereits mit Schreiben vom 29.03.1816 veranlasste der erste preußische Festungskommandant von Langen die Entwaffnung der Pompierskompagnie und untersagte das Tragen jeglicher Uniform. Damit wurde aber das von ihrem hoheitlichen Auftrag „Feuerwehr“ geprägte Selbstverständnis der Pompierskompagnie völlig zerstört mit der Folge, dass ein großer Teil der Mitglieder austrat. Es gelang aber Reneauld, der als letzter französischer Maire jetzt der erste preußische Oberbürgermeister von Saarlouis war, die Reihen sofort wieder zu schließen und die Pompierskompagnie als eine französische Feuerwehr jetzt unter preußischer Hoheit weiterhin funktionsfähig zu erhalten, ohne Unterbrechung, durchgängig und nachhaltig, wie es im Stadtarchiv Saarlouis vielfach belegt ist.

Die Freiwillige Feuerwehr Saarlouis ist also auf Grund ihrer besonderen Gründungsgeschichte als französische Feuerwehr in der heutigen deutschen Feuerwehrgeschichte ein einmaliger Sonderfall, der mit keiner anderen deutschen Feuerwehrgründung vergleichbar ist. Ihre Gründung hat mit der Entwicklung des deutschen Feuerlöschwesens jener Zeit, die weitgehend aus dem Vereinswesen oder privaten persönlichen Initiativen hervorging, keine vergleichbaren Gemeinsamkeiten. Sie ist ein Sonderfall und damit, wie ich denke, auch eine Bereicherung unserer heutigen deutschen Feuerwehrgeschichte.

Ich bedanke mich jetzt meinerseits für Ihre Aufmerksamkeit und gebe das Wort an meinen Freund und Mitstreiter Betram Weiter weiter, der Ihnen weitere interessante und wichtige Ergebnisse unserer Forschungsarbeit darstellen wird.

 

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